Darum ist Willenbrock Deutschlands bester Wein-Fachhändler
Es ist Mittwochmorgen, als Hendrick und Isa Willenbrock in ihrem Geschäft an der Bernd-Rosemeyer-Straße in Lingen an der Probier-Theke sitzen. Vor ihnen steht eine kleine Glasskulptur. "Was es genau darstellt, wissen wir um ehrlich zu sein nicht", sagt Isa Willenbrock und muss lachen. Ob nun Weinkühler oder einfach nur Kunstwerk – fest steht: Willenbrocks sind die Einzigen, die diese Trophäe in diesem Jahr in der Hand halten. Sie sind "Deutschlands bester Weinfachhandel 2018".
"Verdeckte" Einkäufer im Geschäft
Am Sonntag haben sie auf dem Weinfachhändlertag in Heilbronn die Auszeichnung bekommen. Dass sie als Sieger hervorgehen, wussten sie nicht. Dass sie jedoch unter den Top Ten sind schon, seit einem ungewöhnlichen Kundenbesuch in ihrem Geschäft vor ein paar Wochen. Zwei Kunden ließen sich von einem ihrer Mitarbeiter beraten. Sie wollten alles über deutsche Weine wissen, stellten Fragen, forderten Antworten. Zunächst nichts Ungewöhnliches, bis sie an der Kasse ihre Identität preisgaben: Es waren "verdeckte" Einkäufer des Deutschen Weininstituts.
Sie wollten herausfinden, wie fachkundig das Personal und wie gut die Beratung ist. Das sind Bewertungskriterien des Wettbewerbs. Zwar hatten sich die Willenbrocks zuvor mit einem Exposé beworben, mit den verdeckten Einkäufer dann aber doch nicht gerechnet. Die Institutsmitarbeiter schauten sich das 450 Quadratmeter große Geschäft an, notierten sich, wie die Weine präsentiert werden. Übersichtlich sollte es sein. Eine Anforderung, die die Willenbrocks laut Jury erfüllen – jedoch auf unkonventionelle Weise. Die Weine sowohl von unbekannteren Winzern als auch von renommierten Erzeugern sind nicht nach ihren Ursprungsländern sortiert, sondern nach ihren Geschmacksgraden: lieblich, halbtrocken, trocken. "Wir denken ganz einfach, wir denken auch an Nicht-Weinkenner", lautet die Begründung von Isa Willenbrock. Bei 650 Sorten (davon mehr als 50 Prozent Deutsche), die die Weinhandlung im Angebot hat, sonst den passenden Süßgrad zu finden: schwierig.
"Winzer-Battles" und "Bier-Kämpfe"
Schnell ins Geschäft rein, schnell wieder raus – das ist dann aber doch nicht die Ambition, die die Willenbrocks haben. "Wir wollen den Einkauf zum Erlebnis machen", sagt Isa Willenbrock. Beratung gepaart mit Unterhaltung. So treten beim "Winzer-Battle" Winzer mit Weinen gegeneinander an und bei "Wein vs. Bier" besteigt der Inhaber selbst den Ring: Bei einem Fünf-Gänge-Menü misst sich der Wein-Sommelier mit dem Lingener Bier-Sommelier Markus Quadt, ob denn nun Wein oder Bier besser zum Essen passt. Das klingt nach Spaß, "ist es auch", sagt Hendrick Willenbrock, gibt jedoch zu, dass hinter dem Erfolgskonzept der Weinhandlung viel Arbeit steckt.
Es ist die Mischung, die der Jury bei den Willenbrocks gefällt. Präsentation der Weine, fachkundige Beratung und qualifiziertes Personal. Der Weinhandel ist ein Ausbildungsbetrieb. "Ein Mitarbeiter lässt sich gerade zum Wein-Sommelier ausbilden", sagt Hendrick Willenbrock. Generell würden regelmäßig Schulungen stattfinden. Weine, die der Lingener aus ganz Europa von Messen mitbringt, werden verkostet. "Ein Bibliothekar muss viel lesen, wir müssen halt viel trinken", scherzt Willenbrock. Natürlich werde bei einer Weinprobe der Alkohol wieder ausgespuckt. Doch am Probieren der Weine geht kein Weg vorbei, schließlich "müssen die Mitarbeiter wissen, was sie da verkaufen".
Geld für weitere Schulungen
Die Schulungen haben sich ausgezahlt, mit Blick auf den Preis und mit Blick auf die "verdeckten Kunden". "Sie wurden schließlich nicht von uns Vorgesetzten bedient, sondern von unserem Personal." Isa und Hendrick Willenbrock bezeichnen deswegen den Preis nicht als ihren Verdienst, sondern den des Teams. Und mit dem Lernen ist es nicht vorbei: Neben Trophäen, Urkunden und Plaketten haben die drei Erstplatzierten Gutscheine für Mitarbeiterschulungen bekommen. Für die Willenbrocks sind es insgesamt 1000 Euro.